Worte für die Woche vom 01.04.2020

Wed, 01 Apr 2020 14:33:40 +0000 von Christine Melzer

Worte für die Woche
Von Christine Melzer (Prädikantin)
 
Seht die Vögel unter dem Himmel an: sie säen nicht, sie ernten nicht, sie sammeln nicht in die Scheune; und euer himmlischer Vater ernährt sie doch. Seid ihr denn nicht viel mehr als sie? (Matthäus 6, Vers 26)
 
Der Friede Gottes sei mit Euch allen!
 
Liebe Gemeinde und Freunde unserer Gemeinde!
 
„Sorgt euch nicht um euer Leben“ sagt Jesus einen Vers zuvor (Matthäus 6, Vers 5). 
Keine Sorgen sollen wir uns machen, nicht um unser Essen, unsere Kleidung auch nicht um die roten Zahlen auf dem Konto oder unsere Gesundheit. Es gibt Wichtigeres als die Spuren des Alltags. Seht die Vögel, schaut nach oben – zum Himmel! 
 
Gerade fällt uns das vermutlich sehr schwer, uns keine Sorgen zu machen und zuversichtlich in den Tag zu leben. Die Pandemie und die Einschränkungen, die sie mit sich bringt, haben uns fest im Griff. Und wenn ich jetzt, während ich hier schreibe, in den Himmel schaue, dann kommen mir Schneeflöckchen entgegen. Die Vögel sind nicht zu sehen und doch können wir sie hören, wenn sie ihr Lied singen und uns damit erfreuen. Sehen wir genau hin, dann entdecken wir die Vögel doch. Unter den Büschen, im Laub oder eingekuschelt in der Tanne.
 
Die Sorgen nehmen zurzeit einen großen Platz in unserem Leben ein. 
Es gibt verschiedene Sorgen-Typen, je nach Persönlichkeit, je nach Blickrichtung. 
Da sind die stillen und nachdenklichen Menschen unter uns. Reden ist nicht ihre Sache. Sie analysieren die Lage, erkennen die Zusammenhänge, denken an sich selbst und sorgen sich darum, ob sie wohl genug beachtet werden in ihrem Stillsein. Der Blick dieser Menschen geht in die Vergangenheit – nach hinten.
 
Dem entgegen treten die Menschen, die selbstbestimmt und kraftvoll auftreten. Sie wissen was sie wollen, sind entschlossen und voller Energie. „Wir schaffen das!“, ist das Motto dieser Menschen. Aber auch sie sorgen sich, ob sie ihre Vorhaben umsetzten können. Der Blick geht Richtung Zukunft – nach vorne.
 
Der dritte Persönlichkeits-Typ lebt von der Liebe, ist kontaktfreudig und lebendig. Diese Menschen können sich gut in andere einfühlen, sie leben im Hier und Jetzt und fragen sich, ob sie genug geliebt werden. Der Blick dieser Menschen geht zur Seite.
 
Der Eine schaut nach hinter, der Andre nach vorn, der Dritte zur Seite. Alle drei sorgen sich. Sie streben nach etwas, sind auf der Suche. Die Blickrichtung, in der wir suchen, macht unsere Persönlichkeit aus. Erkennen Sie sich in einem der drei Persönlichkeiten wieder?
 
Ich möchte hier nicht die unterschiedlichen Persönlichkeiten verbessern oder beurteilen. Wir sind gut so – mit unserem Sorgen und Fühlen und Wollen – jeder mit seiner besonderen Blickrichtung. Dennoch schlägt Jesus eine andere Blickrichtung vor: Nach oben. 
Der Blick zum Himmel kann befreien und entlasten von den Sorgen des Alltags, die uns 
gerade auf die Pelle rücken. 
 
Dort oben, hinter den Vögeln, jenseits des Himmels, stellen wir uns Gott vor. 
„Euren himmlischen Vater“ nennt Jesus ihn. Ihm können wir vertrauen. Wenn das die 
Vögel tun, dann erst recht wir. Er wird uns versorgen mit allem, was wir brauchen. – 
mehr noch als Kleidung, Essen, Geld und Gesundheit. 
 
Aber nicht einfach so! Nein, der Aufruf zur Sorglosigkeit ist an eine Bedingung geknüpft:
Denkt daran, welche Maßstäbe Gott gesetzt hat. Zum Himmel blicken, das heißt auch: Überlegt, was wirklich wichtig ist im Leben – jenseits der Alltagssorgen. „Trachtet zuerst nach dem Reich Gottes und nach seiner Gerechtigkeit, so wird euch das alles zufallen“, heißt es in Vers 33. Das klingt etwas schwerfällig, dieses „Reich Gottes und seine Gerechtigkeit“ – was soll das sein?
 
Wenn Jesus vom Reich Gottes redete, dann blieb es meistens unklar, ob er Gegenwart oder Zukunft meinte. Ob er neben sich oder nach vorn schaute. 
Ich vermute, dass er beides machte. Er sieht den Menschen im Hier und Jetzt: die an Covid 19 –Erkrankten, die überbelasteten Arbeitenden im Krankenhaus, im Pflegeheim, im Supermarkt, in den Behörden. Die verzweifelten Menschen, die vor dem Abgrund ihrer Existenz stehen: die Restaurantbesitzer, die Handwerker, die Arbeiter, die Pflegekräfte und alle die ich jetzt nicht aufgezählt habe. Jesus hat diese Menschen im Blick, er kümmert sich um sie. Das Reich Gottes begann mit ihm, Jesus – auf der Erde im Jahr null. Er fing an, eine Gemeinschaft zu bauen, in der alle gleich viel wert waren – ohne oben und unten, ohne besser oder schlechter, ohne reich und arm. Das gilt bis heute. Darauf können wir vertrauen. 
 
In diesem Reich Gottes, das Jesus meint, versuchen die Menschen Frieden zu halten und aufeinander zu achten. Sie bitten um Verzeihung und tragen dem anderen nichts nach. Sie teilen miteinander und besuchen den, der krank ist. Das ist gar nicht so schwierig und wir geben täglich unser Bestes, um danach zu leben. Denn: sie leben alle aus der Vergebung.
 
In diesen Tagen sind wir alle in unseren Kontakten eingeschränkt. Trotzdem können wir uns im Blick behalten. Kleine Aufmerksamkeiten wie ein Winken am Fenster, ein Lied vom Balkon, sei es mit einem Telefonat oder solch einer kleinen Überraschung, die ich in der letzten Woche erhalten habe. Als ich meinen Briefkasten öffnete war zwischen der ganzen üblichen Post ein unscheinbarer Umschlag, den ich für eine Rechnung oder Werbung hielt. Aber als ich den Inhalt sah, freute ich mich sehr. Eine liebe Freundin, hier aus dem Landkreis Celle, hat sich die Arbeit gemacht und mir einen Brief geschrieben. Einfach so aus heiterem Himmel, weil sie jetzt mal Zeit hat. Dabei hat sie noch extra auf dem Briefpapier Frühblüher gezeichnet. Mein erster Impuls war der Griff zum Handy, um mich zu bedanken. Aber dann habe ich mich an meinen Schreibtisch gesetzt. 
 
Gott ist da, auch wenn wir ihn nicht sehen. Unsere Familie, unsere Nächsten, wir sind da, auch wenn wir uns zurzeit nicht sehen. 
 
 
Du bist da, du bist da, bist am Anfang der Zeit, am Grund aller Fragen bist du.
 Bist am lichten Tag, im Dunkel der Nacht hast du für mich schon gewacht.
 Nähme ich Flügel der Morgenröte, bliebe am äußersten Meer,
 schliefe ich ein im Reich der Toten, würde statt Nacht Licht um mich sein. (EG 269)
 
 
Der Friede Gottes, welcher höher ist als alle Vernunft, sei mit Euch allen, jetzt und alle Zeit. Amen
Quelle: Jens Schulze
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