Worte für die Woche
Von Pastorin U. Feddersen
Der Friede Gottes sei mit euch allen. Amen.
Liebe Gemeinde und Freunde unserer Gemeinde.
Am kommenden Sonntag feiern wir „Jubilate“, das ist der Jubelsonntag, denn „jubilate“ heißt „Jubelt!“ oder „Jauchzt!“ Der Name des Sonntags leitet sich von dem Beginn des 66. Psalms ab: Jauchzet Gott, alle Lande! – Das wird vielleicht eher ein Ächzen sein, als ein Jauchzen, was wir an diesem Sonntag ausstoßen werden: Wir erleben den achten Sonntag ohne Gottesdienst, dazwischen kein Gründonnerstag und Karfreitag, keine Ostergottesdienste, keine Konfirmation. Es wird mir die Zeit lang. Ich warte darauf, dass es wieder losgeht. Und dennoch bin ich, sind Sie aufgefordert zu jauchzen, Gottes Namen zu lobsingen und ihn zu rühmen. Das kann ich insofern, als dass wir noch leben, das ist ein Grund zur Dankbarkeit, auch wenn so Vieles eingeschränkt ist. Das kann ich, wenn ich mir die blühende Natur anschaue. Allerdings ächzt die Natur unter der Trockenheit und nicht nur sie, sondern auch die Gärtner und Bauern.
Ich bin eine Freundin der Dialektik, dass wissen Sie bereits. Vermutlich ist das Jauchzen nur dem möglich, der auch die andere Seite der Medaille kennt, nämlich die Gründe für das Ächzen. -
Der Predigttext für diesen Sonntag ist ein Ich-Bin-Wort Jesus aus Johannes 15, 1-8:
Christus spricht: Ich bin der wahre Weinstock und mein Vater der Weingärtner. Eine jede Rebe an mir, die keine Frucht bringt, nimmt er weg; und eine jede, die Frucht bringt, reinigt er, dass sie mehr Frucht bringe. Ihr seid schon rein um des Wortes willen, das ich zu euch geredet habe. Bleibt in mir und ich in euch. Wie die Rebe keine Frucht bringen kann aus sich selbst, wenn sie nicht am Weinstock bleibt, so auch ihr nicht, wenn ihr nicht an mir bleibt. Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben. Wer in mir bleibt und ich in ihm, der bringt viel Frucht; denn ohne mich könnt ihr nichts tun. Wer nicht in mir bleibt, der wird weggeworfen wie eine Rebe und verdorrt, und man sammelt die Reben und wirft sie ins Feuer, und sie verbrennen.
Wenn ihr in mir bleibt und meine Worte in euch bleiben, werdet ihr bitten, was ihr wollt, und es wird euch widerfahren. Darin wird mein Vater verherrlicht, dass ihr viel Frucht bringt und werdet meine Jünger.
Jesus ist unser Lebenssaft, nicht nur im Abendmahl, sondern auch in unserem ganzen Leben, in unserem Tun und Lassen unseres Alltags. Wir sind mit Jesus verbunden und er gibt uns die Kraft zum Leben und Handeln. Wichtig ist dabei, dass wir mit ihm verbunden bleiben und er mit uns. Die unmittelbare Nähe, die hier beschrieben wird, fällt uns in dieser Zeit ganz besonders auf, in der viele von uns unter der Kontaktbeschränkung leiden, denen Umarmung und Nähe fehlen. Diese Nähe will uns der Weinstock geben, mit dem wir verbunden sind, von dem wir leben und der uns zum Handeln befähigt. Das kann zum Gebet sein, dass kann aber auch zu einem tatkräftigen Zupacken führen, für eine gute Sache oder für einen anderen oder für meine Familie.
Ich las in den letzten Tagen den Brief von Klaus Bonhoeffer, dem Bruder Dietrich Bonhoeffers, der ebenfalls wie sein Bruder Dietrich im Widerstand tätig war und aus diesem Grund hingerichtet wurde. Klaus Bonhoeffer schrieb diesen Brief im Bewusstsein bald sterben zu müssen als Vermächtnis an seine Kinder und beendet ihn mit folgenden Worten: „Überlasst euch nicht allein den frommen Stimmungen, die solche Erschütterungen hervorrufen oder die in der Hast und Verwirrung dieser Welt aus einem Gefühl der Leere ab und zu hervorbrechen, sondern vertieft und festigt sie. Bleibt nicht im Halbdunkel, sondern ringt um Klarheit, ohne das Zarte zu verletzen und das Unnahbare zu entweihen. Dringt in die Bibel ein und ergreift selbst von dieser Welt Besitz, in der nur gilt, was Ihr erfahren und euch selbst in letzter Ehrlichkeit erworben habt. Dann wird Euer Leben gesegnet und glücklich sein.“
„Dringt in die Bibel ein“ das zeigt mir, das die Bibel, das Wort Gottes eine reinigende Kraft hat, wie es auch in dem Text für den Sonntag gesagt wird. Das Wort aus dem Neuen und Alten Testament hat eine reinigende Wirkung, wenn ich mich ernsthaft damit auseinandersetze. Es führt mich zu einer Aufrichtigkeit mir selbst gegenüber, die ich dann auch anderen gegenüber vertreten kann. Diese Aufrichtigkeit haben die beiden Bonhoeffer-Söhne gelebt und der Vater Bonhoeffer, der ja nicht nur seine beiden Söhne durch Hinrichtung der Nazis verloren hat, sondern auch noch zwei Schwiegersöhne sagte auf die Frage, wie er und seine Frau das verkraften würden: „Es ist uns ein Trost, dass unsere Kinder in dieser Zeit aufrichtig gelebt haben.“
Jesus ist unser Lebenssaft. Wenn wir uns an sein Wort halten, dann werden wir in rechter Weise leben und zur rechten Zeit auch das tun, was gefordert ist.
In dieser Zeit sind wir auf uns geworfen, wir haben mehr Zeit über uns und unser Leben nachzudenken. Wir können uns auf die Gemeinschaft mit dem Wort und dem Christus einlassen und vielleicht mehr zu uns selbst kommen, als wir das zu „normalen“ Zeiten können.
Himmlischer Vater, gib uns Dein Wort und Deine Gemeinschaft in dieser Zeit der Kontaktlosigkeit. Lass uns aufrichtig werden und erkennen, was jetzt gefordert ist auch im Blick auf unseren Nachbarn und Nächsten. Amen.
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